Woran glaubst Du?

  • Vergleich das einmal mit Menschen, die heutzutage im Iran leben, sich damit zufrieden geben Vieh zu züchten und strikt behaupten, alles andere wäre gegen den Willen Allah. Kein repräsentatives Beispiel, aber ein Hinweis darauf, dass dort Potenzial verschwendet wurde.

    Finde ich schwierig. Erstmal würde ich davon absehen generell den Menschen im Iran zu unterstellen, dass ihr Glaube an Gott sie weniger progressiv macht. Ich weiß nicht, wie Menschen dort leben, vor allem weil es ein von Krieg zerrüttetes Land ist, und dass der Glaube an einen Gott da Hoffnung spenden kann, ist glaube ich ein positiver Aspekt der Religion. Aber auch auf der anderen Seite weiß ich einfach nicht genug über den Iran oder den Islam an sich, um das konkret einschätzen zu können. Der Islam ist eine Religion mit sehr vielen unterschiedlichen, teils untereinander im Konflikt stehenden Strömungen. Soweit ich weiß, gibt es auch vom Koran unterschiedliche Auslegungen und was genau der "Wille Allah" ist, ist je nach Strömung auch unterschiedlich. Da ein Urteil zu fällen ist... naja, in meinen Augen als Außenstehender nicht so einfach möglich.


    Ich muss auch sagen, dass ich hier in Deutschland Muslime kennengelernt habe, die mir unter anderem mit als die zuvorkommendsten und höflichsten Menschen erschienen sind, die ich getroffen habe. Vielleicht denke ich da etwas zu utilitaristisch, aber wenn ein Glaube einen Menschen zu einer rücksichtsvolleren Person machen kann, ist es dann wirklich so schlecht an einen Gott zu glauben, dessen Existenz sich nicht nachweisen lässt?
    (Klar könnte man jetzt sagen, dass man das auch aus reiner, pragmatischer Herzensgüte heraus machen sollte, aber das Resultat erscheint mir da wichtiger als der Weg.)

  • Das ist echt ein spannendes Thema. Ich selber habe schon mehrere Phasen in meinem Leben durch wo ich nicht nur Atheist war. Sondern auch das Thema Religion mit sehr viel Misstrauen und Argwohn betrachtet. Was wohl daran liegt, dass meine Mutter damals immer zur Kirche gezwungen wurde und ich dadurch eher ein negativ behaftetes Bild von Religion hatte. Dabei hatte mir sicher auch nicht die Mutter meines 1. Ex geholfen die noch stärkere Extreme anlegte und sie sogar an gewisse Bedingungen knüpfte. Trotzdem war ich dadurch nicht weniger aufgeschlossen gegenüber dem Thema Religion. Hatte ich sogar des Öfteren still und heimlich gebetet wenn es mir nicht gut ging. Was irgendwie abstrus klingt da es ja meist eher andersrum ist (also das Religiöse ihren Glauben den Kindern aufzwingen. Und nicht umgekehrt).


    Gibt es gewisse Grundsätze im Leben, an die ihr glaubt und auf die ihr vertraut?


    Teils. Teils. Ich habe jetzt nicht unbedingt einen Guide fürs Leben, aber ich mag das Gefühl an etwas glauben zu können. In Situationen im Leben wo ich echt am Struggeln bin schätze ich es an etwas festhalten zu können. Das hat schon fast etwas Kindliches wo man ja auch noch an den Weihnachtsmann oder die Zahnfee geglaubt hat. Nur, dass dieser Glaube etwas größer und mächtiger ist. Mein Grundsatz ist trotzdem, dass Religion einen nicht von allem befreit. Dafür gibt es Gesetze und ich halte nichts davon sich quasi freizusprechen von Taten nur weil man einen Gott anbetet. Da gehört für mich gerade als Erwachsener auch eine gewisse Eigenverantwortung dazu. Und die können manche (selbst nicht Gläubige) dennoch nicht tragen. Man sollte auch durchaus hinterfragen was alles so in der Bibel steht. Vieles davon ist sehr widersprüchlich (dazu findet man genug im Internet) und ich halte mich eher an der Nächstenliebe fest und daran wie man seinen Gegenüber behandelt. Man könnte fast schon überspitzt sagen, dass ich sehr flexitarisch im Glauben unterwegs bin. Zwar bin ich gläubig, aber ich lass mir auch nicht mein Misstrauen nehmen. Es ist so ein für und wieder und schwer zu erklären. Allerdings deckt für mich auch der evangelische Glaube eher meine Einstellung zur Religion ab als es bspw. der katholische Glaube für mich getan hat. Wahrscheinlich weil da mit gewissen Themen auch etwas toleranter umgegangen wird (zumindest in meinen Kreisen).


    Wie sicher seid ihr euch mit eurem Wissen und was davon ist vielleicht nur Glauben?


    Garantie haben wir glaube ich alle nicht. Weder die Atheisten noch die Gläubigen. Das ist aber nicht schlimm. Im Leben muss ja nicht alles in Stein gemeißelt sein. Sicher ist wohl nur, dass wir alle irgendwann sterben werden. Was danach passiert ist ungewiss und obwohl wir vieles schon wissen gibt es Dinge die einfach unsere Grenzen sprengen. Und das ist auch okay. Ich mag das Gefühl nicht immer über alles Bescheid zu wissen. Obwohl ich ein sehr wissbegieriger Mensch bin. Woran ich glaube ist schon eine höhere Kraft. Die muss nicht Mal im Widerspruch mit der Wissenschaft sein, aber irgendwie gibt es mir ein gutes Gefühl, dass ich da zu jemanden hoch sehen kann der ein Auge auf mich hat. Auch wenn das für Nicht Gläubige sicher immer noch sehr abgedroschen klingt. ^^


    Seid ihr in einer eher religiösen Familie aufgewachsen und vielleicht noch Anhänger einer der Weltreligionen?


    Sowohl als auch. Meine Großeltern waren alle gläubig. Meine Eltern eher weniger. Also bin ich quasi ein Mix aus beiden und irgendwie war das auch gut so. So konnte ich mir meine eigene Meinung zu dem Thema bilden und bin dadurch irgendwo auch das Ergebnis dieser Erziehung. Mein Bruder hingegen ist Atheist, aber ihm ist es komplett egal wer-wie lebt. So lange man Niemanden damit schadet oder den Glauben für böse Zwecke nutzt steht meine Familie dem eigentlich ganz offen entgegen. Obwohl meine Mutter durch ihre Erfahrungen dem nach wie vor eher negativ gegenüber steht, aber das kann man ihr nicht verübeln. Man sollte seinem Kind nie etwas gegen seinen Willen aufzwingen. Da merkt man was dabei raus kommt.


    Habt ihr spirituelle oder religiöse Erfahrungen gemacht?


    Kommt drauf an wie man die definiert. Ich hab jetzt nicht irgendwie so den erleuchtenden Moment gehabt, aber es gab oft Momente in meinem Leben wo es echt nicht gut lief und ich dachte "Das wär's jetzt". Und irgendwie hab ich... sei es aus menschlicher oder irrational menschlicher Kraft... das dann trotzdem überstanden. Ich hatte schon die ein oder andere Panikattacke die mir fast die Luft abgeschnürt hat. Und Momente wo ich bei hellichten Tag verfolgt wurde. Man mich bedrängt hatte und ich körperlich definitiv im Nachteil war, aber irgendwie lebe ich immer noch. Keine Ahnung. Ich war oft dumm genug mich Gefahren auszusetzen die ich mit großer Wahrscheinlichkeit nicht überlebt hätte. Ob das jetzt mit meinen Glauben zu tun hat kann ich nicht beantworten. Weil das ja quasi wieder mit der zweiten Frage im Zusammenhang steht. Es gab aber definitiv Momente wo ich das Gefühl hatte, dass da etwas Außermenschliches mit mir Kontakt hatte (nein, ich rede nicht über Alien ;)). Vielleicht war es aber auch nur eine zu starke Müdigkeit und Verwirrung. Ich weiß es nicht.


    Handelt ihr nach eurem Glauben?


    Jein... wenn dann wirklich nur nach den guten Grundsätzen aus der Bibel. Die zehn Gebote sind schon eine feine Sache. Wenn auch nicht immer ganz korrekt. Manche Dinge widersprechen sich da wie gesagt, aber ich halte es generell (ob gläubig oder nicht) für eine erstrebenswerte Sache seine Mitmenschen und Lebewesen mit Respekt zu behandeln.


    Wie steht ihr zu den großen Religionen allgemein?


    Zwiegespalten. Religion ist wie alle anderen Dinge auf dieser Welt eine Sache der Handhabung. Manche können damit gut umgehen. Andere wiederum nicht. Aber wir sind halt Menschen und neigen dazu die Dinge für das Böse auszunutzen. Es gibt natürlich gewisse "Werkzeuge" die priorisierender Weise öfter zu Schlechten genutzt werden (Geld, Macht, Religion, Macht, Politik, ...), aber auch diese haben ihr Gutes. Man sollte wenn möglich einfach nicht in schwarz und weiß denken. So hat man definitiv mehr vom Leben und erkennt, dass nicht jeder Gläubige gleich sich versucht rein zu waschen und nicht jeder Atheist verächtlich gegenüber dem steht was sich der Wissenschaft entzieht. Also im Grunde genommen stehe ich dem gut gegenüber. Man sollte ja ohnehin so vorurteilsfrei wie möglich durchs Leben schreiten und seinen Gegenüber mit Respekt behandeln. Ich werte den Menschen nach seinen Handlungen und wie er damit umgeht. Und nicht nach etwaigen Interessen. :)


    Glaubt ihr an ein Leben nach dem Tod?


    Ja. Ich glaube daran, dass es was danach gibt. Egal was es ist, aber ich hab das Gefühl, dass es mehr gibt als nur das was wir an der Wissenschaft festmachen können. Warum? Keine Ahnung. Reines Bauchgefühl und genauso schwammig wie alles was man so aus der Bibel entnehmen kann... würde ich behaupten. ^^


    Was ist für euch der Unterschied zwischen Glauben und Religion?


    Glauben bedeutet nicht zwingend Religion, aber Religion des Öfteren glauben. Du kannst ja auch daran glauben, dass man nach dem Tod im Schokohimmel landet. Und alle "Bösen" in der Hölle einfrieren. Das ist halt ein sehr dehnbarer Begriff. Und ich kenne genug die auch ans Spaghetti Monster glauben. Zumindest ist das für mich die Definition von Religion und Glauben. Obwohl viele Religionen natürlich auf Glauben und Beten aufbauen, aber ich bin nicht so deep in der Materie. Vielleicht gibt es auch Religionen die komplett ohne das Glaubensthema auskommen. Das sind einfach so meine Erfahrungen die ich mit diesem Thema gemacht habe.


    Wenn ihr nicht an eine der Weltreligionen glaubt, gibt es dennoch etwas, an das ihr glaubt?


    -


    Meint ihr, eine Welt ohne Religion oder Glauben wäre besser?


    Nein. Der Mensch findet immer Wege um Chaos zu stiften. Man kann ja genug anderes benutzen um es ausnutzen. Siehe oben: Politik, Geld, Macht, usw. Dazu braucht es keine Religion. Haben sicher auch schon genug Kriege bewiesen in denen es am Ende "nur" um Land und noch mehr Macht ging. Vielleicht dient es gerne als Rechtfertigung, aber ich glaube, dass es dazu nicht so etwas braucht um unsere Welte schlechter zu machen.

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