Yokohama Kaidashi Kiko

  • Manga und Anime sind, wie jede Form der Unterhaltung, den Gesetzen des Marktes unterworfen. Und der Markt ist mit Actioin, Dramatik und dergleichen mehr immer noch am leichtesten zu befriedigen. Entweder werden Einzelschicksale minutiös und so realistisch wie möglich nachgezeichnet, Epen in größtem Ausmaß und mit maximaler Theatralik gewoben oder auf das Zwischenmenschliche zum Großteil verzichtet, zugunsten eines straffen, actiongeladenen Handlungsbogens.
    Ein Mangaka der sich diesen recht einfachen Gesetzen des Marktes erfolgreich widersetzt hat ist Hitoshi Ashinano und gerade sein Meisterwerk "Yokohama Kaidashi Kiko". Frei übersetzt lautet der Titel "Einkaufstagebuch aus Yokohama" und ist damit ähnlich trivial und doch seltsam wie die gesamte Handlung.


    Diese ist schnell erzählt und doch nicht ausreichend wiederzugeben, denn in Yokohama Kaidashi Kiko passiert zunächst einmal überhaupt nichts. Alpha Hatsuseno leitet ein kleines Café das etwas abgelegen wirkt und kaum Kunden anzuziehen scheint, gelegentlich fährt sie mit ihrem Motorroller in die nächste Stadt. Dabei begegnet sie dem Tankstellenbesitzer "Ojisan" und seinem Enkel Takahiro, der an ihr einen kleinen Narren gefressen hat. Als Takahiro sich verläuft und von einer halbmythischen Gestalt aufgegriffen wird scheint sich so etwas wie eine Handlung anzudeuten, aber tatsächlich verzichtet Ashinano auf gerade diese weitestgehend. Tatsächlich stellt sich heraus, dass Alpha kein Mensch ist sondern ein Roboter, die in naher Zukunft bereits selbstverständlich zu sein scheinen. Erklärt aber wird so gut wie nichts und so bleibt neben der Identität von Alphas "Meister" noch so einiges mehr offen, beispielsweise warum dem Berg Fuji die Spitze fehlt, die Menschheit nahezu ausgelöscht erscheint ohne dass es Krieg gegeben hätte, warum von vielen Tieren absonderliche Mutationen entstanden sind und Waffen, obwohl sie niemals gebraucht werden, scheinbar zum Alltag dazu gehören und kaum jemand ohne eine solche anzutreffen ist.


    Ein Manga in einer leicht futuristischen Welt ohne Handlung mag vielleicht etwas eigenwillig klingen, aber er ist etwas, was man unbedingt gelesen haben sollte. Yokohama Kaidashi Kiko ist kein typischer Slice of Life, keine Romanze, kein postapokalyptisches Szenario, sondern eine Mischung aus allem für die mir kein richtiger Name einfallen will. Ich habe YKK immer als "Zen-Manga" bezeichnet und das trifft es eigentlich am besten, denn zur Selbstversenkung und zum Abschalten eignen sich sowohl der Manga wie auch der sehr gut gemachte Anime hervorragend. Außerdem setzt YKK die Phantasie in Gange und so kann man sich viele Fragen selbst beantworten, ohne fürchten zu müssen später dieser Illusion der eigenen Antwort beraubt zu werden. Am besten geben wohl Alphas eigene Worte diesen Manga wieder, als sie sagt dass sie am liebsten ohne zu denken fliegen können würde. YKK lässt einen auf diese ganz einzigartige Weise fliegen wie es nur sehr schöne Geschichten oder Träume vermögen und wenn mir morgen jemand erzählt dass ich diesen ganzen Manga nur geträumt habe wäre ich nicht überrascht. Er ist zu schön, zu feinstofflich und zu sanft erzählt um wirklich aus einer so harten und unnachgiebigen Industrie zu stammen. Unbedingt lesen und/oder anschauen.

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